Das chronisch hustende Pferd

Am Ende des Winters werden uns sehr oft vermehrt hustende Pferde vorgestellt. Oft wird dieses Phänomen auf den Fellwechsel geschoben, aber in Wahrheit kommt es eher von der vermehrten Zeit, die die Pferde im Winter im Stall verbringen. Um das chronische Pferdehusten und dessen Prävention und Therapie besser zu verstehen, muss man die Grundlagen von dieser sehr häufigen Krankheit erklären.

 

Die chronische obstruktive Bronchitis oder COB (heutzutage in Fachkreisen RAO recurrent airway obstruction genannt) ähnelt dem Krankheitsbild vom Asthma beim Menschen. Sie hat immer drei Komponenten, die je nach Fall mehr oder weniger stark ausgeprägt sind:

  1. die Bronchokonstriktion (Verengung der kleinen Atemwege)
  2. die gesteigerte Schleimproduktion
  3. der Bronchospasmus (Verkrampfen der Atemwege in der verengten Position)

Wenn lange unbehandelt, kommt es zu permanenten Lungenschäden und zur Dämpfigkeit, wobei eine sog. Dampflinie am Bauch entsteht, durch die übermäßige Entwicklung der Atemmuskulatur wegen der chronisch gesteigerten Atemarbeit.

 

Was verursacht COB?

COB hat eine sog. multifaktorielle Ursache, d.h. dass mehrere Faktoren im Zusammenspiel diese verursachen. Eine Rolle spielt die Genetik, die natürliche Abwehrstärke der Lunge, das Alter (typischerweise erkranken die Pferde mit 9-12 Jahren) und die Auslösung durch eine allergische Reaktion, auf eingeatmete Partikel, sog. Allergene. Diese sind am häufigsten Schimmelpilze und deren Sporen, können aber auch Pollen, Chemikalien wie Ammoniak, oder Sandpartikel sein.

Es ist wichtig zu verstehen, dass beim Pferd, wie beim Mensch, die Lunge ein sehr starkes Verteidigungssystem gegen eindringende Partikel in der Luft hat. Dies beginnt mit den Haaren in der Nase, aber am wichtigsten, als erste Verteidigung sind der normale Schleim der Atemwege, in dem Partikel aufgefangen werden. Dieser Schleim liegt normalerweise in zwei unterschiedlich zähen Schichten auf einer ganz feinen Schicht Flimmerhärchen, die dann in einer koordinierten Bewegung den Schleim samt Partikel ruderartig Richtung Kehle zurück bewegen, wo er dann abgehustet oder geschluckt wird. Dieser fein eingestellte Mechanismus, der sog. Mucozilliäre Apparat, kann leider durch verschiedene Faktoren verschlechtert oder zerstört werden. Es wird vermutet, dass manche Pferde durch Vererbung, also von Geburt an, einen minderwertigen Schleim produzieren und deswegen besonders empfindlich sind für Lungenerkrankungen. Manche Studien haben gezeigt, dass Pferde mit zwei gesunden Eltern ein 10%iges Risiko haben, an COB zu erkranken, wobei diejenigen, die zwei Eltern mit COB haben, ein 44%iges Erkrankungsrisiko haben.

Wenn die Lunge die Partikel nicht mechanisch beseitigen kann, durch einen ineffizienten Mucozillärer Apparat, oder durch Anflutung durch hohe Mengen an Partikel, lösen dieses Partikel eine entzündliche Reaktion aus. Diese kann mild ausfallen, und wird wahrscheinlich bei den meisten Pferden nicht wahrgenommen, oder kann eine allergische Reaktion, d.h. überschießende Reaktion des Immunsystems hervorrufen. Dies wird als der typische Husten, der z.T. anfallartig auftreten kann, wahrgenommen. Es ist meist kein Fieber zu messen, außer es hat sich eine bakterielle oder virale Entzündung auf das allergische Geschehen dazugetan. Bei dieser Reaktion kommt es zur vermehrten Schleimproduktion und Verengung der Atemwege. Beim Versuch, die auslösenden Allergene auszuschleudern, um das tiefere Eindringen in die Lunge zu verhindern. WICHTIG ist, dass nach einem solchen Geschehen immer kleine Schäden an dem mucoziliärem Apparat zurückbleiben. Das bedeutet, dass mit jedem allergischem Schub, oder bei einem lang „brodelndem“ Geschehen, auch wenn nur mild, das natürliche Abwehrsystem der Lunge weiter geschwächt wird und das Pferd IMMER empfindlicher für wiederkehrende Atemerkrankungen wird. Das ist der frustrierendste Aspekt dieser Krankheit.

 

Wie wird COB diagnostiziert?

Die meisten Fälle von COB können durch eine allgemeine Untersuchung mit Abhören der Lunge und der Atemwege diagnostiziert werden. Fälle, die sehr mild sind, therapieresistent sind, oder sogar nur mit Leistungsschwäche ohne Husten präsentieren, können weiter untersucht werden, durch Endoskopie der oberen Atemwege und/oder Untersuchung des Schleimes, der bei einer solchen Untersuchung aus den Atemwegen entnommen und weiter diagnostiziert wird. Diese Untersuchung kann meist im heimischen Stall unter Sedation durchgeführt werden. Bei besonderen Fällen können weitere Untersuchungen wie Röntgen, Ultraschall und Lungenfunktionstests durchgeführt werden, wozu das Tier in einer entsprechenden Klinik vorgestellt werden sollte.

 

Wie wird COB therapiert?

Die wichtigste und einzige Langzeittherapie bei COB ist die Prävention durch staubarme Haltungsoptimierung!!!!

Bei akuten Schüben ist es wichtig, die Entzündung in der Lunge zu verringern, sowie die mechanische Abwehr der Lunge durch Schleimlöser zu optimieren. Je schneller und aggressiver man die auslösenden Partikel aus der Lunge kriegen kann, desto geringer bleiben die Schäden an der Lunge. Deswegen wird oft als erste Therapie ein kortisonhaltiges Präparat angewendet, um die allergische Komponente und die daraus resultierende Entzündung schnell und effektiv unter Kontrolle zu bekommen. Diese bewirken, dass das Pferd besser Luft kriegt. Bronchienerweiterer und Schleimlöser helfen dem mucozilliären Apparat, die Partikel rauszuschleusen, und bewirken dass die Luft besser in die Lungentiefe gelangt. Es muss aber natürlich gleichzeitig die Quelle der Partikel entfernt werden, da man durch die gegebenen Medikamente den Weg für ein tieferes Eindringen der Fremdkörper freimacht.

Bei manchen Pferden kann man systemische (ganzer Körper) Kortison-Präparate nicht einsetzen, aufgrund Rehegefahr oder anderer Krankheiten. Zur Langzeittherapie kann man heutzutage, mit Inhalationspräparaten, mit großen Erfolg arbeiten. Diese haben den Vorteil, dass die Nebenwirkungen auf den Körper nicht oder nur sehr gering sind, da das Produkt durch Verneblung direkt in der Lunge angebracht wird. Man benutzt meist eine Kombination aus Bronchienerweiterer und Kortison, die beim menschlichen Asthma auch üblich sind. Die meisten Pferde gewöhnen sich schnell an einem Inhalator, man kann je nach Machbarkeit und Budget überlegen, ob man mit einem Ultraschall- oder einem Manuelleninhalator (Equine haler®) arbeiten möchte. Manche Pferde profitieren von einem lebenslangen Inhalieren, mit sehr geringer Dosis.

Die häufigsten Auslöser von COB sind Sporen von Schimmelpilzen, die in JEDEM Heu und Stroh zu finden sind, egal wie frisch oder schön es riecht. Deswegen ist immer die erste Maßnahme, den Kontakt mit diesen zu verringern, am besten dadurch, dass die Boxenhaltung vermieden wird. Heu sollte vor dem Füttern in Wasser GETAUCHT werden. Studien haben gezeigt, dass das Bespritzen oder Nassmachen vom Heu die Staub- und Sporenmengen nicht verringert. Wenn die Boxenhaltung nicht vermieden werden kann, sollte man nie Stroh als Einstreu benutzen, sondern eher grobe Sägespäne, guter Qualität, oder alternative Einstreumaterialien wie Torf, geschreddertes Zeitungspapier, oder Leinenstroh verwenden. Im Idealfall sollte dies für alle Boxen, oder wenigstens die Boxen in der Nähe des betroffenen Pferdes sein. Man sollte immer darauf achten, dass beim Misten, Einstreuen und Heuverteilen die Pferde nicht im Stall sind, damit die daraus entstehenden Gase und der Staub nicht eingeatmet werden. Manche befeuchten vor dem Fegen den Boden mit einer Gießkanne um den Staub etwas abzufangen. Man sollte auf gute Luftqualität im Stall achten, auch am Boden wo gerade beim Fressen und Liegen die Pferde die Nase haben. Das Ammoniak aus dem Urin häuft sich dort und ist sehr reizend auf die Atemwege. Mann sollte auf eine ausreichende Luft Zu- und Abfuhr achten, und besonders im Winter daran denken, dass kalte, klare Luft besser ist als warme staubige, da Pferde kalte Luft und Zug viel besser aushalten als wir Menschen.

Man sollte kein Heu oder Stroh im Stall oder über den Pferden lagern, und sollte bei Offenstallhaltung auf Rundballen verzichten, da diese einen viel höheren Staub- und Sporenanteil zeigen.

Bei Pferden mit einer schweren COB oder aus Management-Gründen, kann es sein, dass man ganz auf Heufütterung verzichten muss und stattdessen den Rohfaseranteil der Fütterung über eingeweichte Heucobs oder Heulage zufügen muss.

Bei Pferden mit einer Pollenbedingten- oder Weide-COB, eine viel seltenere Form der COB, wo die Pferde auf der Weide auf Sporen im Gras oder Pollen reagieren, sollte man die Pferde nur in den unbedenklichen Jahreszeiten auf eine gemähte Weide lassen. D.h. man notiert am besten die Jahreszeiten wo das Pferd am meisten Probleme hat, und vergleicht dies mit einem Pollenblühkalender. Man muss aber immer noch auf die Luftqualität im Stall und Staubfreiheit von Einstreu und Futter achten, da man sonst eine „Stall-COB“ dazubekommen könnte.

Da ein Pferd, was einmal einen Schub von COB hatte, immer dafür anfällig sein wird, muss man diese Haltungsveränderungen so einrichten, dass sie LEBENSLANG machbar sind. Leider sehen wir oft, dass diese Veränderungen nicht jeder Stallbesitzer, aufgrund der zusätzlichen Arbeit, integrieren kann oder will.

 

Kann mir ein Allergietest weiterhelfen?

Man kann heutzutage im Blut Antikörper gegen viele verschiedene Allergene nachweisen. Egal was der Test zeigt, muss man aber davon ausgehen, dass bei COB das Hauptallergen die Sporen in Heu und Stroh sind. Man kann höchstens mit einem Allergietest andere Ursachen mit abklären, z.B. wenn eine Futtermilbenallergie gefunden wird, muss das Futter eingeweicht oder eingefroren werden. Aber die staubarme Haltung ist IMMER der Grundstein der Therapie. Hypoallergenisierung bei COB-Fällen zeigen sehr gemischte Ergebnisse, und sind dafür relativ teuer und aufwändig. Am besten bespricht man dies mit seinem Tierarzt.

 

Können alternative Methoden weiterhelfen?

Genauso wie bei anderen Allergien ist alles von Eigenbluttherapie, Homöopathie, Akupunktur bis Bioresonanz bei hartnäckigen Fällen probiert worden. Wichtig ist, dass man bei akuten Schüben relativ aggressiv handeln sollte, um permanente Schäden an dem mucozilliärem Apparat so niedrig wie möglich zu halten. Hier sind die alternativen Methoden meist nicht so gut geeignet. Man kann diese aber sehr gut mit der Haltungsoptimierung, in der Prävention mit einbeziehen. Man muss immer wiederholen, dass die Haltungsoptimierung das A und O von jeder Therapie ist.

 

Take home message:

  1. COB ist eine multifaktorielle Krankheit, die aber fast immer von Schimmelpilzsporen in Heu oder Stroh ausgelöst wird.
  2. COB geht mit einer spastischen Einengung der Bronchien und einer vermehrten Schleimproduktion einher, die Leistungsschwäche, Husten, und Atemnot verursachen kann.
  3. Die Therapie bei akuten Schüben muss aggressiv sein, um permanente Schäden an dem mechanischen Abwehrsystem der Lunge, dem mucozilliären Apparat, zu verringern.

 

Die wichtigste und einzige Langzeittherapie bei COB ist die Prävention durch staubarme Haltungsoptimierung, und dies lebenslang !!!!

Mit einer optimalen Haltung kann ein Pferd mit COB ein normales wertvolles Leben führen und weiter in seinem Sport tätig sein.